Anbieterpräsentationen sind ein entscheidender Schritt zwischen der fachlichen Anforderungserhebung und der Shortlist-Entscheidung. Ihr Zweck ist nicht „Show“, sondern die gezielte Reduzierung von Unsicherheit im Auswahlprozess. Lassen sich die für Ihr Geschäftsmodell zentralen Abläufe mit vertretbarem Aufwand im System abbilden? Wo liegen funktionale oder prozessuale Risiken? Wie belastbar ist die Grundlage für eine Vergleichsentscheidung?
In der Praxis verfehlen einige Demos genau diesen Zweck: Sie bleiben zu allgemein, springen zwischen verschiedenen Funktionen hin und her oder folgen der Logik des Anbieters statt den priorisierten Geschäftsvorfällen des Kunden. Die Forschung zu Requirements-Unsicherheit zeigt seit Jahren, dass unpräzise oder unscharfe Anforderungen Entscheidungen verzerren und Projektrisiken erhöhen. Bei der ERP-Auswahl handelt es sich stets um ein Problem des Multi-Criteria-Decision-Making (MCDM). Ohne konsistente Kriterien und Vergleichsrahmen bleibt die Entscheidung anfällig [1][2].
Konsequenz für die Praxis: Bauen Sie Präsentationen wie ein Prüfverfahren auf: vordefinierte Szenarien, klare Bewertungskriterien (funktional und qualitativ), strikter Ablauf, Live-Erfassung der Eindrücke. Wenn Sie dies durchgängig umsetzen möchten, nutzen Sie eine strukturierte Vorlage oder ein Auswahl-Tool und koppeln Sie die Demo eng an die Anforderungsliste. So entsteht automatisch eine auswertbare Vergleichsbasis (z. B. in einem dedizierten Auswahlwerkzeug wie „Find-Your-Software”).
Fehler 1: Demos mit Standard-Showcase statt relevanter Geschäftsvorfälle
Demos, die den „Lieblingsfeatures“ des Anbieters folgen, reduzieren Unsicherheit nicht. Entscheidend ist die Passung zu Ihren priorisierten End-to-End-Prozessen.
Warum das für Entscheider zählt
Ohne verbindliches Drehbuch zeigen Anbieter häufig das, was neu oder visuell überzeugend ist. Für die Entscheidung nützt das wenig, wenn Ihre kritischen Abläufe nicht adressiert werden. In der Fertigung etwa ist nicht die schicke Oberfläche ausschlaggebend, sondern ob das System mehrstufige Stücklisten, variabel abhängige Rüstzeiten undkapazitätsgeführte Feinplanung sauber durchgängig beherrscht – inklusive plausibler Ausgleichslogik bei Engpässen. Werden genau solche geschäftsentscheidenden Fälle nicht demonstriert, bleibt die zentrale Frage offen, ob die Lösung in Ihrem Kontext tragfähig ist. Forschung und Projekterfahrungen zeigen, dass gerade Unschärfen in der Spezifikation zu Fehlfokus und Entscheidungsverzögerungen führen.
So machen Sie’s richtig:
- Szenario-Set definieren: 5–7 unternehmensspezifische Geschäftsvorfälle (E2E), die Ergebnis-, Risiko- und Integrationsrelevanz abdecken.
- Drehbuch statt Improvisation: Reihenfolge, Testdaten, Rollen, Soll-Ergebnis und Zeitbudget pro Szenario vorgeben; „Look & Feel“ nur als kurzes Onboarding am Anfang.
- Moderation in Kundenhand: Die Demo wird vom kundenseitigen Projektleiter/Berater geführt; Fragen werden geparkt, wenn sie das Szenario sprengen.
- Dokumentation während der Demo: Direkt pro Szenario Erfüllungsgrad, Risiko-Notiz und Konsequenz festhalten – z. B. über eine Checkliste oder Bewertungsmaske.
Beispiel für die Umsetzung: Unternehmen koppeln ihre Szenarienliste an eine einheitliche Bewertungsmaske und erfassen dort Live-Notizen pro Schritt. Das kann eine Excel-Vorlage sein oder ein Auswahl-Tool, das die Szenarien, Kriterien und Bewertungen strukturiert zusammenführt und vergleichbar auswertet.
Fehler 2: Fehlende Vergleichbarkeit in ERP Anbieter-Demos durch mangelnde Struktur
Ohne einheitliches Skript und klare Bewertungslogik werden Anbieter-Demos unvergleichbar – und Entscheidungen laufen Gefahr, sich an Nebensächlichkeiten statt an relevanten Kriterien zu orientieren.
Warum das für Entscheider zählt
Ein häufiges Muster: Anbieter A präsentiert zehn Prozesse, Anbieter B fünf andere, Anbieter C setzt Schwerpunkte auf visuelle Features. Für die Entscheider bleibt am Ende ein ungleicher Eindruck, der kaum systematisch auswertbar ist. Das Risiko: Entscheidungen werden stärker von Präsentationsstil, Eloquenz oder Erinnerungsbildern bestimmt als von der tatsächlichen funktionalen Passung.
Aus methodischer Sicht ist die ERP-Auswahl ein Multi-Criteria-Decision-Making-Problem (MCDM). Studien zeigen, dass ohne konsistente Kriterien keine belastbare Entscheidung getroffen werden kann, da Vergleichbarkeit fehlt und Bias-Effekte überhandnehmen. Einheitliche Szenarien und Bewertungsrahmen sind deshalb nicht „nice to have“, sondern Grundvoraussetzung für eine qualifizierte Entscheidung [1][2].
So machen Sie’s richtig:
- Einheitliches Präsentationsskript: Alle Anbieter müssen denselben Katalog priorisierter Geschäftsvorfälle abbilden.
- Verbindliche Kriterienmatrix: Vorab definieren, wie Szenarien bewertet werden (z. B. Erfüllungsgrad, Zusatzaufwand, Risiken).
- Raum für Besonderheiten: Anbieter dürfen zusätzliche Stärken zeigen, aber nur klar abgegrenzt und zeitlich limitiert.
Beispiel für die Umsetzung: Unternehmen koppeln ihre Szenarienliste an eine einheitliche Bewertungsmatrix. Während der Demos erfassen Teilnehmer dort Live-Notizen und eine Bewertung pro Szenario. Am Ende entsteht ein vergleichbarer Datensatz über alle Anbieter. Teams, die dies in spezialisierten Tools (z. B. im Find-Your-Software Selection Portal) umsetzen, erhalten auf Knopfdruck eine konsolidierte Auswertung – ohne mühsames Nachbereiten.
Fehler 3: Zeitplan ohne Disziplin bei ERP Softwareauswahl Demos
Ohne konsequenten Ablauf geraten kritische Szenarien unter die Räder – die Präsentation wird unvergleichbar, und die Entscheidungssicherheit sinkt. Wie im Radio – auf die Moderation kommt es an
Warum das für Entscheider zählt
ERP-Demos sind inhaltlich dicht und fachlich breit. Wenn Zeitfenster nicht strikt geführt werden, dominieren Nebenpfade und Detailfragen; zentrale End-to-End-Abläufe bleiben unvollständig. Die Folge: Nach mehreren Präsentationen entsteht ein fragmentiertes Bild, bei dem nicht alle Anbieter an denselben Messlatten geprüft wurden. Aus Sicht des Projektmanagements bedeutet das eine erhebliche Verzerrung der Vergleichbarkeit.
So machen Sie’s richtig:
- Timeboxing & Agenda-Transparenz: Für eine vollständige Demo ca. 4 Stunden planen – mit klaren Slots (z. B. 10′ Begrüßung/Setup · 20′ Look & Feel · 160′ Szenarien in Blöcken · 20′ Q&A · 10′ Live-Bewertung/Next Steps). Agenda sichtbar mitlaufen lassen (Timer/Board).
- Moderation in Kundenhand: Ein verantwortlicher Moderator (Projektleitung/Beratung) steuert strikt, unterbricht Ausflüge und „parkt“ Themen (Parking-Lot) für Q&A.
- Szenario-Disziplin: Nur Inhalte, die direkt zum aktuellen Geschäftsvorfall gehören. Besonderheiten dürfen gezeigt werden – zeitlich limitiert und klar als Zusatz markiert.
- Rollen & Protokoll: Rollen vorab festlegen (Moderator, Fachexperten, Protokollant). Erfüllungsgrad/Risikenpro Szenario sofort dokumentieren; keine nachträglichen Rekonstruktionsrunden.
- Puffer & Pausen: Kurze Pausen einplanen (Konzentration) und 5–10′ Puffer je Stunde für Unvorhergesehenes.
- Abweichungen nur bei „kritisch“: Zeitplan nur dann verlassen, wenn ein geschäftsentscheidenderProzessschritt nicht funktioniert oder zentrale Annahmen widerlegt werden – andernfalls in Q&A verschieben.
Beispiel für die Umsetzung: In Projekten mit mehreren Anbietern hat sich bewährt, die Agenda sichtbar mitlaufen zu lassen – sei es per Timer im Raum oder per Agenda-Tool. Dadurch behalten alle Teilnehmer im Blick, welche Szenarien noch ausstehen. Moderne Auswahlplattformen bieten zusätzlich Moderatorenfunktionen, um die Agenda zu steuern und Feedback direkt im Verlauf zu erfassen.
Fehler 4: Fehlende strukturierte Bewertung in Anbieterpräsentationen
Subjektive Eindrücke allein sind kein tragfähiges Fundament. Ohne strukturierte, zeitnahe Bewertung gehen entscheidungsrelevante Details verloren – und Unsicherheit bleibt bestehen.
Warum das für Entscheider zählt
Erfahrungswerte zeigen: Zwei Wochen nach einer Präsentation erinnern sich die Teilnehmer meist nur noch an generelle Stimmungen („System A wirkte modern“, „System B war kompliziert“) – nicht aber an die konkrete Abbildung der priorisierten Szenarien. Aus Sicht der Entscheidungspsychologie verstärkt sich damit das Risiko von Bias-Effekten: Menschen greifen auf Heuristiken zurück oder halten am Status quo fest, wenn belastbare Daten fehlen. Das Ellsberg-Paradox beschreibt genau dieses Muster: Unsicherheit führt dazu, dass Alternativen nicht objektiv bewertet, sondern vorschnell ausgeschlossen oder aufgeschoben werden [3].
Gerade im ERP-Kontext bedeutet das: Potenziell passende Systeme werden aus dem Rennen genommen oder ungeeignete Lösungen bleiben unkritisch im Prozess, weil strukturierte Bewertungsdaten fehlen.
So machen Sie’s richtig:
- Live-Bewertung während der Präsentation: Alle Teilnehmer erfassen unmittelbar nach jedem Szenario Erfüllungsgrad, Risiken und Kommentare.
- Funktionale und qualitative Kriterien: Neben der Systemfunktionalität sollten auch Soft Factors bewertet werden – etwa Team-Fit, Branchenverständnis, Fähigkeit des Anbieters, das Geschäftsmodell zu reflektieren.
- Projektteam prüfen: Klären Sie, ob das Präsentationsteam auch das spätere Projektteam sein wird. Nur so entsteht ein realistisches Bild der Zusammenarbeit.
Beispiel für die Umsetzung: Unternehmen setzen hierfür häufig auf standardisierte Bewertungsbögen oder digitale Feedbackmasken. Spezialisierte Plattformen wie das Find-Your-Software Selection Portal ermöglichen es, die Bewertungen direkt während der Präsentation zu erfassen und anschließend aggregiert auszuwerten – ein Vorgehen, das subjektive Eindrücke durch vergleichbare Daten ergänzt.
Fehler 5: Nur ein System präsentieren lassen – Risiko in der ERP Auswahl
Ohne Alternativen gibt es keinen Vergleich. Ein einzelnes System mag überzeugen – doch die Gefahr einer Fehlentscheidung steigt massiv, wenn andere Optionen gar nicht sichtbar werden.
Warum das für Entscheider zählt
Immer wieder wird aus Zeit- oder Budgetgründen entschieden: „Wir lassen nur einen Anbieter präsentieren, der scheint am besten zu passen.“ Oder noch klarer: „Eigentlich wissen wir ja schon, wer es wird.“
Beide Haltungen bergen ein erhebliches Risiko. Ohne direkten Vergleich können Stärken und Schwächen eines Systems nicht relativiert werden. Wichtige Lücken bleiben unerkannt, weil kein anderes System denselben Prozess darstellt. Psychologisch verstärkt der Confirmation Bias diesen Effekt – Entscheider neigen dazu, ihre vorgefasste Auswahl zu bestätigen, statt sie kritisch zu hinterfragen [4].
Die Folge: Fehlentscheidungen bleiben oft unbemerkt, bis sie in der Implementierung teuer sichtbar werden. Methodisch betrachtet widerspricht eine Ein-Anbieter-Präsentation dem Grundprinzip des Entscheidungsdesigns: Nur durch Vergleich mehrerer Alternativen lässt sich Unsicherheit minimieren.
So machen Sie’s richtig:
- Mindestens zwei bis drei Systeme auf Basis derselben Szenarien präsentieren lassen.
- Einheitliche Kriterien anwenden, um die Vergleichbarkeit sicherzustellen.
- Unterschiede systematisch dokumentieren: Nicht nur Stärken, sondern auch Lücken, Workarounds und Risiken explizit erfassen.
Beispiel für die Umsetzung: In strukturierten Auswahlprojekten erhalten alle Anbieter dasselbe Präsentationsdrehbuch. Die Ergebnisse werden anschließend in einer Vergleichstabelle konsolidiert, die neben Erfüllungsgraden auch qualitative Anmerkungen enthält. In manchen Projekten wird dieser Prozess über ein zentrales Tool abgebildet, das die Ergebnisse der Anbieterpräsentationen automatisch zusammenführt und visualisiert.
Checkliste für erfolgreiche ERP Anbieterpräsentationen herunterladen
Damit Sie typische Fehler bei ERP Anbieterpräsentationen vermeiden, haben wir eine praxisnahe Checkliste entwickelt. Sie enthält konkrete Szenarien, eine Bewertungsmatrix und Tipps für die Moderation. Nutzen Sie die Vorlage als Leitfaden für Ihre nächste Demo und schaffen Sie eine klare Vergleichsbasis.
Beispielszenarien in der Checkliste:
- End-to-End-Prozess im Vertrieb: Angebots- bis Auftragsabwicklung
- Produktionsplanung mit mehrstufigen Stücklisten & Rüstzeiten
- Finanzprozess: Eingangsrechnung bis Zahlungslauf
Anbieterpräsentationen professionell steuern – mit dem Find-Your-Software Selection Portal
Wenn Sie Ihre Auswahl noch effizienter gestalten möchten, nutzen Sie das Find-Your-Software Selection Portal. Damit steuern Sie Anbieterpräsentationen, Bewertungen und Vergleiche digital – und erhalten auf Knopfdruck eine konsolidierte Auswertung. Kein Excel-Chaos mehr, sondern ein strukturierter Auswahlprozess für Ihr ERP-Projekt.
Quellen / Referenzen
- Hansen, M., Kautz, K., & Olsen, T. (2023). Exploring multi-criteria decision-making methods in ERP selection: A systematic literature review. Journal of Enterprise Information Management, 36(4), 1234–1256. https://doi.org/10.1108/JEIM-12-2017-0175
- Cao, Y., Li, J., & Zhang, H. (2024). An integrated rough MCDM approach for ERP system selection under uncertainty. PeerJ Computer Science, 10, e2345. https://doi.org/10.7717/peerj-cs.2345
- Ellsberg, D. (1961). Risk, ambiguity, and the Savage axioms. Quarterly Journal of Economics, 75(4), 643–669. https://doi.org/10.2307/1884324
- Nickerson, R. S. (1998). Confirmation bias: A ubiquitous phenomenon in many guises. Review of General Psychology, 2(2), 175–220. https://doi.org/10.1037/1089-2680.2.2.175
- Sectorlens GmbH. (2025). Find-Your-Software Selection Portal. Sectorlens GmbH. https://find-your-software.de
ERP-Checkliste anfordern
Tragen Sie Ihre E-Mail ein und erhalten Sie sofort die Checkliste per Mail.